Commerce-Report 2020 – Das ambivalente Verhältnis individueller Onlineshops zu digitalen Plattformen (2/3)

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Wie im letzten Beitrag zum Commerce Report Schweiz 2020 erwähnt, stehen bei den Wachstumsprognosen individuelle Onlineshops nicht klar auf der Gewinnerseite. Eine Ausnahme bildet die Lebensmittelbranche, da hier Marktplätze noch kaum eine Rolle spielen.

Dass individuellen Onlineshops keine besseren Chancen eingeräumt werden, liegt an den in den letzten Jahren massiv gewachsenen Leistungsanforderungen und den kontinuierlich steigenden Kosten für den Zugang zu Kunden. Das relativ kleine Marktpotential in der Schweiz rechtfertigt diese Investitionen oft nicht, wie Stephan Widmer von Beliani meint:

Für kleine Anbieter wird es extrem schwer: die Kundenakquisition über Plattformen wie Google oder Facebook ist sehr teuer und wenn man dann kein genügend grosses Sortiment hat, erzielt man keine gute Conversion.

Der Zugang zu Kunden ist ein kritischer Erfolgsfaktor. Diese Zugänge werden jedoch von einigen wenigen Plattformen dominiert, den GAFAs. Damit sind Google, Apple, Facebook und Amazon gemeint. Ein interessanter Beitrag zu den GAFAs:

Wird Europa zwischen den digitalen Plattformen zerrieben?

Für viele Onlineshops stellen diese digitalen Plattformen eine direkte Konkurrenz dar, andererseits können sie auch sehr nützlich sein. Der Commerce Report unterscheidet zwei Plattform-Typen: die Kundenzugangs-Dienstleister und die Onlinemarktplätze.

Das Geschäft mit dem Kundenzugang

Nummer Eins bei den Kundenzugangs-Dienstleister ist in der Schweiz Google. Für 82% der Onlineshops ist Google Ads das am häufigsten genutzte externe Marketinginstrument.

In diesem Zusammenhang macht die Kostenentwicklung sorgen, denn die Wachstumsambitionen im E-Commerce führen zu einer höheren Nachfrage nach den knappen Marktzugängen, was zu teureren Kundenzugängen führt. Zusätzlich steigt die Abhängigkeit von Google laut Phillippe Huwyler, Coop.ch:

Tatsache ist, dass wir gar nicht mehr an Google vorbeikommen.

Es kann beobachtet werden, dass Plattformen Bestellfunktionen für externe Angebote bei sich integrieren. Durch diese Massnahmen verlagern sich Funktionen vom Onlineshop zur Plattform. Die Kundenbeziehung verschiebt sich dadurch noch weiter in Richtung Plattform und Kunden haben immer weniger das Bedürfnis auf den Onlineshop weitergeleitet zu werden.

Die Kundenzugangs-Dienstleister sind an den Kundenbeziehungen interessiert, nicht an den Bestellungen. Anders sieht es bei den Onlinemarktplätzen aus.

Onlinemarktplätze bieten Chancen aber auch Gefahren

Die Vorteile von Verkäufen auf Onlinemarktplätzen sind klar: die Erzielung von Zusatzverkäufen, die Gewinnung von Visibilität für die eigene Marke und die Gewinnung neuer Kunden, sofern die Nutzung der Kundendaten rechtlich nicht ausgeschlossen wird. Ansonsten muss jeder einzelne Verkauf rentabel sein. Deshalb verkaufen einige Anbieter auf dem Marktplatz nur ein Teil ihres Sortiments. Kilian Eyholzer, Victorinox:

Bei unseren Produkten ist das ein Fakt: viele Kunden starten ihre Suche bei Amazon, nicht bei Google.

Zwischen dem Marktplatz und dem Händler kann jedoch auch eine Konkurrenzbeziehung entstehen und zwar dann, wenn der Marktplatz selbst die Angebote der Händler konkurrenziert. Der Marktplatz hat dabei einen klaren Vorteil gegenüber dem Händler, da er im Besitz aller Daten ist und sein Angebot somit viel genauer steuern kann.

Die Alternative zu digitalen Plattformen

Damit sich ein individueller Anbieter behaupten kann, muss er es schaffen die digitalen Plattformen für sich zu nutzen und sich dabei in der Konkurrenz mit ihnen behaupten.

Der einzige Weg, digitale Plattformen zu umgehen, ist vom Kunden direkt angesteuert zu werden und dies ist aktuell nur bei Lebensmitteln und sehr starken Marken zu beobachten.

Commerce-Report 2020 – Grenzen verschwinden (1/3)

 



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