Farmy macht CHF 24 Mio. (-23%) Umsatz im 2023 – Unsere Einschätzung

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Farmy, der unabhängige Lebensmittel-Onliner der Schweiz mit Fokus auf Frische, hat letzte Woche in einer Medienmitteilung einige Punkte zum Geschäftsverlauf 2023 kommuniziert. Der Teaser der Medienmitteilung umfasst bereits alle relevanten kommunizierten Informationen zur finanziellen Geschäftslage des Unternehmens:

Das führende Schweizer E-Food-Unternehmen Farmy blickt auf ein herausforderndes, aber souverän gemeistertes Jahr 2023 zurück. Mit angepasstem Angebot und Liefermodell hat das Unternehmen mit CHF 24 Millionen bewusst einen Umsatzrückgang von 23 % im Vergleich zum Vorjahr in Kauf genommen, sich aber mit einem Wachstum von 150 % im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 sowie einem höheren Durchschnitts-Warenkorb von CHF 155 gut für gesundes Wachstum und Profitabilität in den nächsten Jahren aufgestellt und den operativen Break-even erreicht.

Farmy CEOs
Farmy Co-CEOs Roman Hartmann und Tobias Schubert — Quelle: Farmy.ch

Basierend auf diesen Informationen gelangen wir zur folgenden Lage-Einschätzung:

  • Ein Umsatzminus von 23% von CHF 31 Mio. im 2022 auf CHF 24 Mio. 2023 ist heftig. Vor allem wenn man bedenkt, dass Mitbewerber Coop.ch in der gleichen Periode 8.7% zulegen konnte und der direkte Mitbewerber myMigros letztes Jahr eingestellt wurde. (Die Zahlen von Migros Online sind noch nicht bekannt.) Bereits sicher ist wohl, dass Farmy Marktanteile im Schweizer E-Food verloren hat.
  • Farmy spricht von einem bewussten Umsatzrückgang. Das wird unserer Meinung zu schönfärberisch formuliert, vor allem, wenn man sich noch an die im Rahmen des Crowdfundings im Oktober 2022 ausgegebenen Umsatzziele erinnert, wo für 2023 noch mit CHF 40 Mio. und 2024 knapp CHF 60 Mio. gerechnet wurde.
    Klar ist, dass Massnahmen zur Stärkung der Profitabilität wie die Einführung von Mindermengenzuschlägen und reduzierte Marketingausgaben tendenziell die Umsatzentwicklung negativ beeinflussen. Dass aber die Umsätze auf vergleichsweise tiefem Niveau um CHF 7 Mio. einbrechen, lässt aufhorchen und die Frage offen, wie loyal und gefestigt die Farmy-Kundschaft tatsächlich ist.
  • Mit Umsatzvergleichen zu Vor-Corona-Jahren sollte im 2024 nicht mehr argumentiert werden.
  • Good News ist, dass der operative Break-even erreicht wurde. Das heisst, dass erstmalig pro Umsatzfranken kein zusätzlicher Verlust generiert wird. Oder anders ausgedrückt sind die Variablen Kosten (inkl. dem Umsatz anrechenbare Fixe) nicht mehr höher als die Erträge – die Grundvoraussetzung, um als Geschäft langfristig Aussicht auf Überlebensfähigkeit zu haben. Um dieses Überleben zu sichern, muss jeder Umsatz einen substanziellen Beitrag zur Deckung der Fixkosten abliefern, der sogenannte Deckungsbeitrag. Auch Farmy hat bedeutende Fixkosten, vor allem in Form von Löhnen, die nicht direkt den Umsätzen zugerechnet werden, wie bspw. Einkauf und IT. Diese hohen Kosten sind weiterhin nicht gedeckt, was bedeutet, dass das Geschäft weiterhin in hohem Masse verlustreich ist.
    Um als Gesamtunternehmen in die Gewinnzone zu kommen, müssten folglich die Deckungsbeiträge massiv gesteigert werden: Einerseits durch Margenerhöhung und andererseits durch starkes Umsatzwachstum. Man spricht von der  Fixkostendegression. Wie aber zukünftig ein profitables Volumenwachstum erreicht werden soll, dazu gibt’s vorerst keine Informationen des Unternehmens.
  • Den eigenständigen Weg in die Profitabilität erachten wir als Ding der Unmöglichkeit. Es bleibt der Weg eines EXIT, wo sich als eine der wenigen plausiblen Optionen der Tschechische Food-Anbieter Rohlik aufdrängt: Der führende europäische Onlinelebensmittelhändler hat einen hohen Automatisierungsgrad und könnte tiefere Kostenstruktur umsetzen. Coop und Migros fokussieren sich auf ihre eigenen Formate coop.ch und Migros Online. Es wäre wünschenswert, wenn ein Exit klappen würde.
  • Aufgefallen zum Schluss: um die Fixkosten zu reduzieren hat Farmy im letzten Jahr stark Personal abgebaut u.a. auch in der Geschäftsleitung. Die Passion für Lebensmittel scheint jedoch nicht verloren, so hat z.B. Thomas Zimmermann, langjähriger Chief Procurement Officer und Investor bei Farmy via LinkedIn seine neue Stelle als Geschäftsführer bei der Pico Lebensmittel AG, einem Farmy-Lieferanten erster Stunde, bekanntgegeben. Wir wünschen allseits viel Erfolg!

Und das Beste für alle Interessierten, Tobias Schubert Co-CEO von Farmy, ist Speaker an der SCORE! 2024 und zeigt seinen Weg in Zukunft auf. Jetzt Early-Bird-Ticket sichern!



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