Farmy in finanzieller Schieflage – Wie lange reicht der Atem?

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Dicke Post erreichte die neuen Farmy-Aktionäre letzte Woche. Keine sechs Monate nach der erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne im Umfang von CHF 4.2 Mio. bittet der Onlinehofladen bereits wieder zur Kasse: Finanzierungsrunde F in der Höhe von mindestens CHF 10 Mio. bis zu CHF 16 Mio. ist nötig, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. CHF 10 Mio. seien bereits von Bestandsinvestoren gesammelt , für den Rest wird nun u.a. die loyale «Crowd» um Unterstützung gebeten.

Dann kommt der Hammer:

«Es war enorm schwierig, diese Finanzierungsrunde aufgrund der aktuellen makroökonomischen Umstände durchzuführen.

… die Farmy AG musste die Unternehmensbewertung deutlich senken, um die Mittel für die Serie-F-Finanzierungsrunde aufzubringen. Der Aktienkurs wird in dieser Runde von CHF 11.99 (wie in der letzten Finanzierungsrunde) auf CHF 2.64 (gerundet) sinken.

Um den Betrieb fortzuführen und die Rentabilität zu sichern, hatten wir leider keine andere Wahl. Die Alternative wäre der Konkurs gewesen.»

Ein schmerzhafter Abschreiber um 78% oder Konkurs, das sitzt!

Farmy Investor Special: Finanzierungsrunde F mit 78% Bewertungsabschlag, Quelle: Farmy Aktionärsnewsletter

Noch vor wenigen Wochen wurde das Unternehmen auf der Website der Aktionariat AG mit CHF 70 Mio. bewertet (Wir berichteten). Bei einem Umsatz von CHF 31 Mio. und roten Zahlen von uns als «Wunschdenken» beurteilt, kommt dieser rapide Wertzerfall nun für die meisten der frischgebackenen 1’850 Miteigentümer*innen wohl doch überraschend.

Farmy beschwichtigt, dass die Bewertungskorrektur dem Marktdurchschnitt entspräche und macht mit den folgenden Massnahmen Mut:

  • Fokus auf die Schweiz, um so schnell wie möglich die Profitabilität zu erreichen.
  • Senkung der Personalkosten um 30 % (bereits in Q1 2023 umgesetzt).
  • Erhöhung des durchschnittlichen Bestellwertes von CHF 120 auf über CHF 150 (bereits im Q1 2023 erreicht).
  • Kontinuierliche Suche nach weiteren Möglichkeiten zur Kostensenkung und Verbesserung der Effizienz/Produktivität.
  • Einrichtung eines Kontrollausschusses, der regelmässig überprüft, ob die Planzahlen erreicht werden.

Nichtsdestotrotz stellt sich ernsthaft die Frage, wie lange der Atem des dynamischen und mutigen E-Food-Anbieters noch reicht im Wettbewerb mit den Konzern-Tankern Migros, Coop und neu Aldi. Wir hoffen und wünschen, dass die Kapitalerhöhung gelingt und viele „frische Eier“ (Farmy-Aktien heissen Eggs) gezeichnet werden, um Farmy wieder Luft zu verschaffen. Aus Kundensicht ist Farmy eine echte Bereicherung im Schweizer E-Food.

Farmy Crowdfunding
Ambitionierte Wachstumsziele von Farmy. Bei der Umsatzhöhe von CHF 31 Mio. wird die Luft jedoch dünn, Quelle: farmy.ch

Ein Blick auf die kürzlich aktualisierte Schweizer eFood-Landkarte zeigt, dass neben Farmy mit Stash nur ein weiterer unabhängiger und «kleiner» Akteur am Markt aktiv ist. Wie Farmy ist auch der Quick-Commerce Anbieter zur Wachstumsfinanzierung auf externe Geldgeber angewiesen. Im derzeitigen Umfeld bekanntlich ein schwieriges Unterfangen und ein weniger erfreuliches Finanzupdate würde uns auch da nicht überraschen.

Es wäre jedoch wünschenswert, wenn beide Unternehmen als wichtige Treiber des Schweizer Lebensmittel-Onlinehandels die schwierige Zeit überstehen.



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